Finanzminister Magnus Brunner bei „Minister im Dialog“ in der Raiffeisenlandesbank OÖ
Zur Vertiefung der Kapitalmarktunion müssen Barrieren abgebaut werden
22.05.2024 |„Finanzpolitik in herausfordernden Zeiten“ – unter diesem Titel stand die Keynote von Magnus Brunner, Bundesminister für Finanzen, am 21. Mai 2024 bei der Veranstaltung „Minister im Dialog“ in der Raiffeisenlandesbank OÖ (RLB OÖ). Nach seinem Impulsstatement diskutierte der Finanzminister mit Gastgeber RLB OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller vor rund 400 Kundinnen und Kunden im RaiffeisenForum über Themen wie die Abschaffung der kalten Progression, was es braucht, um die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität von Österreich und Europa als Wirtschaftsstandort zu stärken, sowie die Pläne der EZB, den Digitalen Euro einzuführen.
Brunner: Forderung nach Vertiefung der Kapitalmarktunion
Finanzminister Magnus Brunner betonte in seinem Eingangsstatement, dass die Europäische Union gerade jetzt vor großen Herausforderungen stehe. „Unsere Konkurrenz sitzt in China und den USA. Daher ist es wichtiger denn je, die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der EU zu erhöhen“, forderte Brunner. Dazu brauche es vor allem den Abbau von Bürokratie und Überregulierung. „Anstatt neue Hürden aufzubauen und Verfahren in die Länge zu ziehen, müssen wir Unternehmen und Bevölkerung entlasten“, so Brunner. Um die globale Rolle Europas zu stärken, forderte Brunner zudem eine Vertiefung der Kapitalmarktunion: „Wir müssen Barrieren abbauen und den Zugang zu Kapital erleichtern bzw. privates Kapital mobilisieren. Denn der Staat wird Zukunftsthemen, wie beispielsweise den digitalen Wandel, nicht allein finanzieren können.“
Schaller: Wirtschaft muss befreit werden
Auch für RLB OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller sind der Abbau von Bürokratie und das Zurückfahren der Überregulierung die wichtigsten Punkte, damit Österreich und der gesamte europäische Wirtschaftsraum international wettbewerbsfähig bleiben können. Sein Appell: „Die Politik muss sich in Zukunft wieder verstärkt dem Abbau der bürokratischen Hürden widmen. Die Wirtschaft muss befreit werden, denn Überregulierung bremst das wirtschaftliche Wachstum. Wir müssen uns unserer Stärken wieder mehr bewusst werden und darauf vertrauen, dass sich der Markt selbst regulieren kann.“
„Jedes Jahr eine automatische Steuerreform“
Finanzminister Magnus Brunner bekräftigte darüber hinaus, dass die Regierung trotz globaler Krisen viel Positives auf den Weg gebracht habe. Dazu zählten die ökosoziale Steuerreform, die Senkung der Körperschaftssteuer, das Start-up-Paket sowie die Abschaffung der kalten Progression. Letztere sei laut Brunner aber noch zu wenig in der Bevölkerung angekommen: „40 Jahre wurde darüber diskutiert, jetzt haben wir sie endlich umgesetzt. Für die Steuerzahler bringt sie 2024 eine Ersparnis von rund 3,6 Milliarden Euro. Wenn man so möchte, bedeutet das jedes Jahr automatisch eine riesige Steuerreform.“
Private Vorsorge soll steuerlich begünstigt werden
Einen weiteren Punkt aus dem Regierungsprogramm, den Finanzminister Brunner gerne noch in dieser Legislaturperiode umsetzen würde, ist das Vorsorgekonto. Dieses Instrument soll Investitionen in die private Vorsorge steuerlich begünstigen. Damit verknüpft wäre eine Behaltefrist bei der Kapitalertragssteuer. „Ziel ist es, Anreize für langfristige Investments zu schaffen. Einerseits möchten wir damit das Thema Vorsorge vor den Vorhang holen, andererseits würde damit auch der Kapitalmarkt angekurbelt werden“, so Brunner. Das Vorsorgekonto wäre auf zehn Jahre ausgelegt und könnte sowohl mit Aktien und Anleihen, aber auch mit Fonds befüllt werden. Bei Pensionsantritt bestünde die Möglichkeit, das angesparte Kapital steuerfrei aus diesem Depot zu entnehmen.
Positiv hob Brunner auch den österreichischen Bankensektor hervor: „Die österreichischen Banken haben ihre Hausaufgaben nach der Finanzkrise 2008 gemacht. Sie sind sehr stabil, was an einer Verbesserung ihrer Kapitalisierung und Widerstandsfähigkeit liegt.“
EZB muss Mehrwert des Digitalen Euros erst erklären
Skeptisch zeigten sich sowohl Finanzminister Brunner als auch Generaldirektor Schaller gegenüber Plänen der Europäischen Zentralbank rund um eine Einführung des Digitalen Euros. Brunner: „Solange ich keinen Mehrwert erkennen kann, wüsste ich nicht, wozu wir einen Digitalen Euro brauchen.“ Ebenfalls kritisch äußerte sich Heinrich Schaller: „Hier soll von der Europäischen Zentralbank offensichtlich mit einem Riesenaufwand eine parallele Zahlungsinfrastruktur aufgebaut werden, die aus meiner Sicht keinen zusätzlichen Nutzen gegenüber den aktuell bestehenden Bezahlmöglichkeiten hat.“ Außerdem sei es äußerst bedenklich, dass die Europäische Zentralbank mit der Einführung des Digitalen Euro eine Infrastruktur errichten würde, die es ihr ermöglicht, Aufgaben von „normalen“ Banken zu übernehmen. „Wenn sich die EZB als Konkurrenz für die Banken positioniert, kann das das gesamte Bankensystem in Gefahr bringen.“ Darüber hinaus sei es demokratiepolitisch zu hinterfragen, wenn die technische Entwicklung beim Digitalen Euro schon sehr weit fortgeschritten ist, bevor auf politischer Ebene genaue Regelungen getroffen worden sind – beispielsweise, was die Gewährleistung der Anonymität anbelangt.
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