Burger
Das Start-up omami erobert mit Tofu aus Kichererbsen die Regale in europäischen Supermärkten.

Der Tisch bleibt reich gedeckt

Agrarwaren aus Österreich und Deutschland sind in rund 180 Märkten gefragt. Warum Lebensmittel Exportschlager bleiben und in beiden Ländern Faktoren wie Herkunftsgarantie, Lebensmittelsicherheit, Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit dafür ausschlaggebend sind, veranschaulichen vier Best-Practice-Beispiele.

Text: Uschi Sorz

Qualität macht sich bezahlt, keine Frage. Nur: Gegen widrige Markteinflüsse helfen auch höchste Standards wenig. So mussten infolge geopolitischer Krisen, Inflation und Teuerung auch europäische Industrien Federn lassen. Allerdings stieg zwar auch das Defizit im Agraraußenhandel, aber Lebensmittel erweisen sich nach wie vor als internationaler Renner. Und was Österreich und Deutschland sowie ihre Handelsbeziehungen betrifft, so dürfte es genau die Qualitätskarte sein, die hier Trumpf ist.

Zahlen der Agrarmarkt Austria (AMA) bescheinigen dem Agrarland Österreich jedenfalls Erfreuliches: So stiegen die Lebensmittelexporte hierzulande in den ersten drei Quartalen 2023 um 6,1 Prozent auf 12,7 Milliarden Euro, positive Entwicklungen sind u. a. bei Fleisch, Müllereierzeugnissen, Äpfeln und Backwaren zu verzeichnen. Hauptabsatzmarkt ist mit 88,4 Prozent der Exporte die EU, wobei Deutschland mit einem Wertzuwachs von 11,4 Prozent besonderen Appetit auf rot-weiß-rote Köstlichkeiten zeigt.

 

Milch und Käse Weltspitze

Viel Erfahrung mit internationalem Handel hat die Milchwirtschaft. Laut AMA-Erhebung zum Exportanteil heimischer Molkereien und Käsereien zählten im Vorjahr Trinkmilch, fermentierte Milchprodukte und Käse zu den Verkaufsschlagern. In den ersten drei Quartalen 2023 wurde Käse im Wert von 383,67 Millionen Euro exportiert. Das sind um 4,3 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2022. Und nicht ohne Grund ist das aromatische Molkereiprodukt Exportspitzenreiter. Bei Berglandmilch etwa, der größten Molkerei Österreichs, freut man sich jedes Jahr über Käseprämierungen – vom AMA-Käsekaiser bis hin zu den World Cheese Awards. Außerdem sei heimische Milch auch in puncto Nachhaltigkeit Weltspitze, so Berglandmilch-Geschäftsführer Josef Braunshofer. Dies bescheinige nicht zuletzt eine aktuelle Studie des Forschungszentrums für Grünlandwirtschaft Raumberg-Gumpenstein.

Portrait Josef Braunshofer

Als Genossenschaft steht Berglandmilch im Eigentum von rund 8.880 Milchbäuerinnen und -bauern und tritt mit bekannten Marken wie Schärdinger, Tirol Milch, Stainzer und Lattella am Markt auf. „Der Export macht 40 Prozent unseres Verkaufs aus“, so Braunshofer. Neben Käse seien auch High-Protein-Erzeugnisse und Iced-Coffee-Drinks internationale Bestseller. Exportiert wird in über 50 Länder, von Guatemala bis Vietnam, Israel und Senegal. „Die McDonald’s-Filialen in Zentral- und Mitteleuropa führen Berglandmilch-Produkte“, nennt Braunshofer ein weiteres Beispiel. „Und dass sogar der Vatikan unsere Schärdinger Teebutter bezieht, macht uns besonders stolz.“

Milchflaschen auf Abfüllanlage
Regal mit Käse

Berglandmilch punktet international mit zahlreichen Auszeichnungen für Schärdinger Käse und nachhaltig produzierte Milch.

Trendsetter Plant-based Food

Aber nicht nur etablierte Player wie Berglandmilch exportieren erfolgreich, auch Start-ups wissen Potenziale zu nutzen. „Pflanzliche Lebensmittel sind längst kein Nischenmarkt mehr, diese Kategorie wächst kontinuierlich“, sagt Christina Hammerschmid, Gründerin und Geschäftsführerin von omami. Das Unternehmen vertreibt seit einem halben Jahr Tofu aus Kichererbsen und war damit in kürzester Zeit in rund 1.500 Stores in allen drei DACH-Ländern gelistet. Dahinter steht die Wiener New Originals Company, deren Ziel es ist, den zentraleuropäischen Tofumarkt zu erobern – omami ist eine ihrer vier Töchter. Hammerschmid agiert vom Vertriebs- und Marketingsitz in Berlin aus, während die Forschung und Entwicklung in Wien stattfindet. „Deutschland ist der größte Markt für unser Produkt“, erklärt sie die strategische Aufteilung.

Bis dato sei Tofu ein klassisches Sojalebensmittel. Österreich besitze mit 20 Jahren Erfahrung im Sojaanbau einen großen Know-how-Vorsprung, bei der Saatgutqualität ebenso wie verarbeitungstechnologisch. Im Zuge der anhaltenden Nachfrage nach gesunder, fleischloser, umweltfreundlich hergestellter Ernährung wachse jedoch der Bedarf an Vielfalt, was pflanzenbasierte Proteine betreffe. „Kichererbsen-Tofu ist eine Innovation, dafür haben wir ein eigenes Herstellungsverfahren entwickelt.“ Die omami-Sorten sind gentechnikfrei, ohne Farbstoffe und frei von künstlichen Aromen und entsprechen mit ihren fermentierten Marinaden dem internationalen Trend nach orientalisch-mediterranen Geschmackserlebnissen. Das im Firmennamen enthaltene japanische Wort „umami“ bedeutet „köstlich“ und lässt sich mit herzhaft oder würzig umschreiben. Alles heutige Konsumentenwünsche, so Hammerschmid. „Die Kichererbsenpflanze bindet aber auch den Stickstoff aus der Luft und macht daraus einen natürlichen Dünger, der die Biodiversität und Bodenqualität fördert.“ Bezogen wird die Hülsenfrucht ausschließlich aus Europa, so möglich aus regionalem Anbau. 

Portrait Christina Hammerschmid

Österreichischer Imagebonus

Mit seinem Standbein in Deutschland betätigt sich auch der Grieskirchner Lebensmittelgroßhändler Kröswang länderübergreifend. Das Unternehmen, heuer 50 Jahre alt geworden, beliefert auf Basis eines ausgeklügelten Logistikkonzepts Gastronomie, Großküchen und Hotellerie innerhalb von 24 Stunden mit frischen und tiefgekühlten Waren. Neben ganz Österreich zählen Teile Süddeutschlands zum Liefergebiet. „Für uns sind jene Märkte interessant, wo man sich durch Qualität differenzieren kann“, unterstreicht Eigentümer Manfred Kröswang. „Den Fokus unserer Auslandsaktivitäten legen wir darum primär auf Süddeutschland, wo die Kaufkraft hoch ist und Qualität wertgeschätzt wird.“

Auf die Idee, die Fühler ins Nachbarland auszustrecken, kam Kröswang vor gut zehn Jahren. „Bei unseren Lieferungen nach Vorarlberg fuhren wir oft an München vorbei. Da lag es nahe, es auch bei unseren deutschen Gastronomiefreunden zu probieren.“ An den mittlerweile drei deutschen Standorten – Leutkirch im Allgäu, Ebersbach bei Stuttgart und Pfaffenhofen bei München – ist Kröswang jedes Jahr überproportional gewachsen. Die Gründung der Kröswang Deutschland GmbH markierte in den 2020er-Jahren einen weiteren Expansionsschritt.

Portrait Manfred Kröswang

„Mit unseren Leistungsmerkmalen Frische, Lieferzuverlässigkeit und Qualität unterscheiden wir uns deutlich vom Mitbewerb“, so Manfred Kröswang. „Zudem kommt uns das herausragende Image der österreichischen Gastronomie im Tourismus zugute.“ Das Sortiment besteht zu zwei Dritteln aus Produkten österreichischer Herkunft. „Im Verhältnis verkaufen wir sogar mehr Frischeprodukte heimischen Ursprungs an deutsche Gastronomen als an österreichische.“ Schwerpunkte sind das hochwertige Fleischsortiment sowie typisch österreichische Schmankerln à la Kaiserschmarren. Vor allem beim Frischfleisch schätze die Kundschaft die hundertprozentige Transparenz und Nachverfolgbarkeit der Herkunft bis hin zum produzierenden Bauern.

Portrait Christina Hammerschmid

Ein gutes Herkunftsimage hat auch unser Nachbarland. Davon profitiert beispielsweise die Mühlschlegel-Gruppe, die eine der zehn größten Mühlen Deutschlands betreibt. „Qualität aus Deutschland hat ein super Standing, weil sie für Produktsicherheit steht“, sagt Peter Mühlschlegel, der das mehlproduzierende Unternehmen in 16. Generation führt. Unter der Marke Weltgold stellt es klassische Getreidemehle und verwandte Erzeugnisse wie Backmischungen, Weizenkeime oder Grieß her. Die zweite Produktschiene – die Marke Ulmer – produziert Paniermehle, Coatingsysteme und Nasspanaden. Als Paniermehlproduzent nimmt der 500 Jahre alte Familienbetrieb Platz zwei in Deutschland ein, in der gesamten Europäischen Union Platz vier. Ulmer ist auch das Zugpferd für den Export. Dieser macht 50 Prozent des Gesamtumsatzes der Ulmer-Produkte aus. Der größte Teil wird in Europa vertrieben, aber auch Afrika, Asien und der amerikanische Kontinent werden beliefert. Kundschaft sind Industrie, Großverbraucher und Einzelhandel.

Wichtigster Wachstumsfaktor laut Peter Mühlschlegel: „Ein breites Sortiment. Wenn man heute erfolgreich sein will, muss man flexibel sein und auf Kundenwünsche eingehen.“ Mit Zertifizierungen für spezielle Herstellungsverfahren wie „halal“ oder „koscher“ erfülle die Firma die Voraussetzungen für alle Märkte. Darüber hinaus brauche man einen langen Atem. „Es kann bis zu zehn Jahre dauern, bis man ein Auslandsgeschäft nachhaltig aufgebaut hat.“ Auch Betreuung vor Ort sei unabdingbar. Und last, but not least: „Nachdem die Logistik im Handel inzwischen das größte Problem geworden ist, ist eine flexible Logistik essenziell. Hier helfen gute Kontakte bzw. ein bewährtes Netzwerk.“ 

Kekse
© Michael Bader
Kekse
© Michael Bader
Paniermehl
© Michael Bader
Mühlschlegel vertreibt unter der Marke Ulmer Paniermehle Coatingsysteme und Nasspanaden auf der ganzen Welt.