16.03.2021 - Nachhaltige Digitalisierung entlang der 17 SDGs
Digitalisierung hat große Bedeutung für nachhaltige Entwicklung. Betrachten wir sie als Instrument zur Umsetzung der 17 SDGs, erkennen wir Chancen und Herausforderungen.
Digitaler Wandel ist voll im Gange
Wir befinden uns im Umbruch, in der Zeit des digitalen Wandels. Nahezu alle Bereiche unseres Lebens sind davon betroffen. So beeinflussen schon heute beispielsweise die Blockchain-Technologie wirtschaftliche Lieferketten und Vertragsabschlüsse, der 3D-Druck das Bauwesen und Produktdesign, die Künstliche Intelligenz das Verkehrswesen und den Sicherheitssektor sowie FinTech die öffentliche Administration. Nicht zu vergessen, sind Robotik, Big Data, Educational Technologies, Internet der Dinge und Virtual Reality. Gewiss ist, dass der Einfluss dieser digitalen Technologien und damit Änderungen gewohnter Denkmuster und Spielregeln zunehmen werden. In diesem Zusammenhang dürfen die Sustainable Development Goals (SDGs) als Rahmenwerk für nachhaltige Entwicklung nicht fehlen. Vor dem Hintergrund zahlreicher Herausforderungen wird immer deutlicher, dass Innovation und Digitalisierung als Instrumente zur Erreichung der SDGs zu verstehen sind.
Digitalisierung in der Agenda 2030
Im Frühjahr 2020 erschien das Buch „CSR und Klimawandel“, herausgegeben von Andrea Sihn-Weber und Franz Fischler im Springer Verlag. Für diesen Sammelband durfte ich mich in einem Buchbeitrag dem Thema „Digitalisierung und Klimawandel im Kontext der SDGs“ annehmen. Darin führe ich aus, dass digitale Technologien bei der inhaltlichen Erreichung sowie bei der Koordination der SDGs erfolgreiche Beiträge leisten können. Die Agenda 2030 adressiert die Digitalisierung mithilfe eines eigenen SDG nicht explizit. In den Unterzielen finden sich dennoch Erwähnungen von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), Technologieentwicklung und Digitalisierung, welche nicht unbeachtet bleiben sollten. Dazu zählen:
- SDG 2.a: Ländliche Infrastruktur, Landwirtschaft und Technologieentwicklung
- SDG 4.b: Tertiäre Bildung und IKT
- SDG 5.b: Einsatz von IKT, um die Selbstbestimmung der Frauen zu fördern
- SDG 7.a: Energieinfrastruktur/-technologie
- SDG 8.2: Produktivitätssteigerung durch technologische Modernisierung und Innovation
- SDG 9.4: Nutzung umweltverträglicher Technologien und Gestaltung nachhaltiger Industrieprozesse
- SDG 9.c: Erweiterung des Zugangs zu Internet
- SDG 17: Wissenschaft, Technologie, Innovation und IKT
Mit Fokus auf Österreich erwähne ich hier den ersten Freiwilligen Nationalen Bericht zur Umsetzung der SDGs Österreichs (FNU), welcher seit Mai 2020 vorliegt. Darin wird die Digitalisierung als eines der drei Schwerpunktthemen definiert. So wird beispielsweise festgehalten, dass die „Nutzung des Potentials der Digitalisierung zur Senkung von Ressourcen- und Energieverbrauch sowie Reduktion der CO2-Emissionen“ sowie „ganzheitliche Ansätze zur nachhaltigen Nutzung der digitalen Transformation“ Priorität genießen (Bundeskanzleramt Österreich). Diese Ausführungen geben Anlass für einen hoffnungsfrohen Blick in die Zukunft. Dass es hier Potentiale gibt, ist unbestritten.
Ökologische Dimension der Digitalisierung
Zweifelsohne bringt der digitale Wandel positive Entwicklungen und Chancen für Klima und Umwelt mit sich. Dazu zählen beispielsweise klimafreundliche Mobilität basierend auf digitalen Sharing-Modellen, Schonung natürlicher Ressourcen wie Luft und Wasser mithilfe innovativer Technologien und Verfahren in Produktionsbetrieben sowie Energieeinsparung und -effizienzsteigerung aufgrund digitaler Hilfsmittel. Nichtsdestotrotz begegnen uns auch Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Mit den ökologischen Risiken ist ernsthaft umzugehen. Dazu zählen beispielsweise der steigende Energieverbrauch für die erforderliche Infrastruktur, das stromintensive Schürfen von Kryptowährungen, der hohe Ressourcenverbrauch, der toxische Elektroschrott nach der Produktnutzung sowie die Rebound-Effekte im Zuge von Effizienzgewinnen.
Digitalisierung als gesamtgesellschaftliche Gestaltungsaufgabe
Der digitale Wandel sollte allmählich als gesamtgesellschaftliche Gestaltungsaufgabe wahrgenommen werden. Die sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Aspekte in Balance zu bringen, sollte dabei oberste Priorität haben. Denken wir etwa an Datenschutz, Cybersecurity, digital divide, Bildung oder Veränderungen von Arbeitsplätzen, so werden diverse Handlungsnotwendigkeiten deutlich. Wohlwissend, dass es hier zahlreiche Zielkonflikte sowie unterschiedliche Interessen gibt, ist diese Balance nichtsdestotrotz anzustreben. Die 17 SDGs geben den gesellschaftlichen Gestalter/innen Orientierung sowie Antworten auf die großen Herausforderungen wie etwa Klimakrise, Einhaltung der Menschenrechte, Urbanisierung, Arbeitswelt und Konsum. Es liegt aber auch an uns persönlich – in den unterschiedlichen Rollen etwa als Freizeitgenießer/in, Angestellte/r oder Unternehmer/in – mit unserem digitalen Bewusstsein und unserer Haltung möglichst nachhaltig zu agieren. Hier sind wohl entsprechend der Suffizienz („weniger ist mehr“) Veränderungen des digitalisierten Lebensstils unausweichlich. So hat jede/r die Möglichkeit, einen positiven Einfluss auszuüben, beispielsweise wenn es um die Nutzung von digitalen Anwendungen und Kommunikation geht. Denn auch dahinter steckt ein nicht zu unterschätzender CO2-Fußabdruck – naturgemäß mit Folgen.
Weiterführende Informationen
- Bewegung für Digitalisierung und Nachhaltigkeit „Bits & Bäume“
- Buch „Smarte grüne Welt? Digitalisierung zwischen Überwachung, Konsum und Nachhaltigkeit“ (S. Lange und T. Santarius)
- Freiwilliger Nationaler Bericht zur Umsetzung der SDGs Österreichs (FNU): Hauptbotschaften - Download pdf
- SDG-Sammelband „Perspektiven 2030: 17 Ziele für den Weg in eine lebenswerte Zukunft“ verfasst habe (Hrsg.: Hartinger R. und Leregger F.)
Hinweis
Dieser Text ist teilweise ein Auszug aus dem Artikel „Der digitale Wandel mit der ökologischen Brille betrachtet“, den ich im SDG-Sammelband „Perspektiven 2030: 17 Ziele für den Weg in eine lebenswerte Zukunft“ verfasst habe (Hrsg.: Hartinger R. und Leregger F., 2020).
Autor: Florian Leregger, Geschäftsführer Institut für Umwelt, Friede und Entwicklung (IUFE)