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Der Tourismus boomt, für Österreich kündigt sich ein Rekordjahr an. Die heimische Branche ist gut aufgestellt, doch wegen des Klimawandels bleibt keine Zeit, sich auszuruhen.

Text: Robert Prazak

 

Urlaub ist ein Grundbedürfnis der Menschen, und sie werden immer reisen“, sagt Michaela Muxel-Rexeisen, die mit ihrem Mann Erich das Hotel Sonnblick in Kaprun führt, das seit 1980 im Familienbesitz ist. Tatsächlich hat der Tourismus nach dem Ende der Pandemie ein eindrucksvolles Comeback gefeiert – und speziell in Österreich geht es steil nach oben. Das laufende Jahr könnte sogar ein Superjahr für die Branche werden: In den ersten acht Monaten wurden bereits 115,6 Millionen Nächtigungen gezählt, mehr als im Vergleichszeitraum des bisherigen Rekordjahres 2019, also noch vor Corona. Allein im August gab es ein Nächtigungsplus von 9,6 Prozent. Österreich ist kein Einzelfall: Weltweit legt der Tourismus zu, es gibt in dieser Sparte so viele Beschäftigte wie noch nie und der Beitrag für die Weltwirtschaft steigt und steigt. 

Portrait Michaela Muxel-Rexeisen
Hotelzimmer mit Doppelbett
© Michael Huber | Huber Fotografie
Das Hotel Sonnblick in Kaprun blickt auf eine erfolgreiche Sommersaison zurück.

Nachhaltigkeit ist gefragt

Rosige Aussichten also für den Tourismus, doch zugleich gibt es große Herausforderungen, sogar im idyllischen Österreich: Der Klimawandel hat direkte Auswirkungen auf Regionen und Betriebe – Stichwort Schneesicherheit– und führt zugleich bei Gästen zu einem ausgeprägtem Wunsch nach Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit. Auch die Digitalisierung erfordert entsprechende Investitionen, etwa in künstliche Intelligenz. Hohe Energiekosten und Fachkräftemangel sind weitere Themen, die speziell in Österreich von Bedeutung sind. „Die Herausforderungen im Tourismus sind vielfältig, und es ist entscheidend, dass die Tourismusbranche strategisch und langfristig denkt“, erklärt Astrid Steharnig-Staudinger, Chefin der Österreich Werbung. „Gäste suchen zunehmend nach einzigartigen Erlebnissen, die sie emotional berühren“, bestätigt Muxel-Rexeisen. Regionen, die sich innovativ und nachhaltig aufstellen, würden weiterhin erfolgreich sein und den Erwartungen der zukünftigen Gäste gerecht werden. Österreich sei da gut aufgestellt, Vorteile sind ihrer Meinung nach „zentrale Lage, Sauberkeit und Sicherheit, außerdem die hochwertige Infrastruktur und die sehr hohe Servicequalität.“ Diese Infrastruktur muss nach Ansicht von Horst Dilly, Chef vom Nationalpark Resort Dilly in Windischgarsten (ebenfalls ein Familienbetrieb), indes laufend adaptiert werden. „Gäste wollen etwas erleben, aber es muss eine ökonomisch und ökologisch vertretbare Infrastruktur geben.“ Es müsste etwa in Seilbahnen investiert werden, um auch den Sommertourismus zu forcieren.

Portrait Horst Dilly

Randzeiten forcieren

Die Auslastung über das Jahr gleich zu halten, ist ein Zeichen erfolgreicher Betriebe. Dilly hat das unter anderem durch die Etablierung des
Hotels als Unterkunft und Trainingsstätte für Fußballmannschaften wie das österreichische Nationalteam und weitere Angebote wie Golfen und Wellness geschafft. Im Hotel Sonnblick konnte man im Sommer dank Services wie der Zell am See-Kaprun Sommerkarte mit kostenloser Nutzung von Bergbahnen Auslastung und Preise steigern; nun sollen die Randzeiten im Herbst und Frühjahr noch stärker forciert werden.

Sorgen bereitet vielen Betrieben der Mangel an Fachkräften. „Wir müssen gemeinsam mit der Politik an innovativen Lösungen arbeiten“, sagt Steharnig-Staudinger. Dazu zählen ihrer Meinung nach passende Arbeitszeitmodelle, verstärkte Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie die Schaffung von Rahmenbedingungen, die es den Betrieben erleichtern, internationale Fachkräfte zu gewinnen. Horst Dilly ist mit seinen Mitarbeitern zufrieden, doch „wir brauchen in Zukunft Personal aus Drittländern, die gut geschult sind, etwa über die Rot-Weiß-Rot- Karte“.

Auch die Digitalisierung im Tourismus bietet viele Chancen: Stichwort KI.  „Prozesse können dadurch effizienter gestaltet werden und Mitarbeiter entlastet werden, die mehr Zeit dafür verwenden können, sich um die Gäste zu kümmern“, sagt Steharnig-Staudinger. Entscheidend sei es, die Betriebe auf diese Veränderungen vorzubereiten. Auch der Klimawandel hat für den Tourismus gravierende Folgen. Nachhaltigkeit sei längst kein Trend mehr, sondern eine „zentrale Anforderung“, meint Steharnig-Staudinger. Österreich könne hier eine Vorreiterrolle einnehmen, dazu müsste das Augenmerk aber deutlicher auf klimafreundliche Mobilität, nachhaltige Unterkunftsangebote und ressourcenschonende Aktivitäten gelegt werden. „Wenn wir zeigen, dass Nachhaltigkeit in Österreich mehr als nur ein Schlagwort ist, sondern in den Destinationen spürbar gelebt wird und erlebbar ist, wird der Tourismusstandort langfristig davon profitieren.“

Wie das konkret aussehen kann, erklärt Horst Dilly: „Wir haben bereits Fotovoltaik auf dem Dach des Parkhauses, 25 Prozent des Strombedarfs übers Jahr decken wir daraus.“ Nun will er eine Hackschnitzelheizung bauen, damit der Betrieb unabhängig vom Gas wird, aber das sei wegen der Bürokratie nicht leicht umzusetzen. Laufende Investitionen sind jedenfalls unverzichtbar. „Auch in unser Vier-Sterne-Plus-Hotel muss laufend investiert werden“, sagt Dilly. Sanfter Tourismus bedeute Topqualität, die etwas kosten darf, aber nachhaltig sein muss.

Portrait Astrid Steharnig-Staudinger
© Pamela Rußmann www.pamelarussmann.at

Digital und doch persönlich

Digital, aber dennoch persönlich – diesen Spagat müssen Tourismusbetriebe schaffen. „Menschen haben im Alltag viel mit Digitalisierung zu tun. Im Urlaub vermitteln wir dem Gast das Gefühl von Herzlichkeit, Menschlichkeit und Gastfreundschaft“, sagt Michaela Muxel-Rexeisen vom Hotel Sonnblick in Kaprun. Es brauche aber digitale Tools, etwa den Einsatz künstlicher Intelligenz. „Prozesse können dadurch effizienter gestaltet und Mitarbeitende entlastet werden, um sich stärker um die Gäste zu kümmern“, sagt Astrid Steharnig-Staudinger von der Österreich Werbung. Ihr Vorschlag: Chatbots für Gästeanfragen oder immersive Technologien zum Vorab-Erkunden von Destinationen. Muxel-Rexeisen weiß, dass „alle Abteilungen optimiert, digitalisiert und automatisiert“ werden müssten; die wichtigsten Zukunftstechnologien seien KI und Robotik: „KI, um die Customer Journey zu automatisieren, und Robotik, um den Mitarbeitermangel auszugleichen und gewisse Arbeitsplätze einzusparen.“

Zahlen

6,2 Prozent beträgt der nominelle Beitrag des Tourismus zum BIP in Österreich (2022).

221 Euro haben Gäste in Österreich täglich im Schnitt in der Wintersaison 2023/2024 ausgegeben – um 14 Euro mehr als in der Saison davor.

62 Prozent der Wintergäste in Österreich sind Skifahrer.