ZUKUNFT: BANKING MIT KÜNSTLICHER INTELLIGENZ
ZUKUNFT: BANKING MIT KÜNSTLICHER INTELLIGENZ

Interview mit Zukunftsforscher Sven Gábor Jánszky

Künstliche Intelligenz

RoboAdvisory, persönlicher Financier, Inter-Bot-Communication, Fraud Detection - was futuristisch klingt, hält teilweise schon längst Einzug in unseren Alltag. Wie Künstliche Intelligenzen das Bankgeschäft und unseren Zahlungsverkehr grundlegend ändern können, erklärt Zukunftsforscher Sven Gábor Jánszky im Interview.

Roboter, die Ratschläge zu Bankgeschäften geben, Kunden mit persönlichen Finanzbots, die mit den anderen Bots, von Gesundheit bis Mobilität, kommunizieren und intelligente Fraud Detection, die Missbrauch erkennt, bevor er entsteht.
Das sind für viele noch Begriffe, die sehr weit in der Zukunft liegen. Derzeit nutzen nur sechs von zehn Österreicherinnen und Österreichern Online Banking. Ist die Angst vor digitalen Bankgeschäften, dem Ende der klassischen Banken und der Abschaffung unseres Bargelds begründet?  

Jánszky: Diese Angst ist völlig übertrieben. Ja, Bargeld wird sich so weit reduzieren, wie es für das Payment und den Menschen nützlich ist. Immer mehr Menschen werden ihre Zahlungsgeschäfte digital abwickeln, einfach weil man erkennt, dass sie mehr Vor- als Nachteile bringen. Auch mit den Mitarbeiterzahlen der Banken hat der digitale Wandel im Bankgeschäft gar nichts zu tun. Es gibt soviele neue Bereiche, neue Aufgaben, die dadurch entstehen und die neue Kompetenzen voraussetzen. Auf Bankenseite wird man einfach umlernen müssen.

Warum bringen gerade Branchen außerhalb des Bankgeschäftes, wie Apple oder Amazon, Innovationen im Payment hervor?

Jánszky: Unternehmen, die bereits Innovationen in der Digitalen Branche hervorgebracht haben, haben vor allem eines gelernt: Nutzen zu stiften. den es vorher nicht gab. Digital affine Unternehmen tun sich da natürlich leichter, als solche, die ihre alten Geschäftsprozesse erst der Digitalisierung anpassen müssen. Der Vorteil, dies zu tun, liegt auf der Hand: Prozesse können schneller, genauer, kostengünstiger, effektiver und wettbewerbsfähiger abgewickelt werden. Dadurch erzielt man auch bessere Preise gegenüber der Konkurrenz, die gezwungen ist, mitzuziehen. 

Welche Chancen ergeben sich für Banken, wenn sie digital first leben und beginnen, neuen Nutzen zu stiften?

Jánszky: Eine große Chance ist der Einsatz von Künstlichen Intelligenzen. Eine KI kann Muster erkennen und erlernen. Wenn sie das zum Beispiel anhand des Zahlungsverkehrs eines Kunden tut und Vergleichswerte kennt, könnte die KI den Kunden informieren, dass er eigentlich zuviel für seine Versicherung bezahlt, oder für seinen Strom. KI kann besser und schneller als jeder Mensch Daten analysieren und Prognosen erstellen, zum Beispiel, was wo und wann gekauft wurde und zu welchem Zeitpunkt es wieder benötigt wird.

Wie kann dieses Wissen einer Bank und dem Kunden nutzen?

Jánszky: Für ApplePay oder AliPay spielt das bereits eine große Rolle. Wenn die KI weiß, es ist der Zeitpunkt da, an dem Herrn X das Druckerpapier ausgeht, steht die nächste Lieferung bereits vor der Tür, bevor sich Herr X über den leeren Papierschacht ärgert. Dadurch sind die Payment-Lösungen auch kostenlos, eine kostenlose Kontoführung sozusagen, weil das Geld wo anders eingenommen wird.

Banken sind aber keine Online Händler...

Jánszky: Genau hier liegt der entscheidende Punkt. Banken müssen verstehen, dass ihr bisheriges Geschäft, Finanzprodukte zu verkaufen, nicht konkurrenzfähig ist. Die Provisionen der Produkte werden immer weniger, während die Konkurrenz kostenlose Konten und Zahlungsverkehrslösungen anbietet, weil das Geschäft mit dem Online Handel gemacht wird. Banken müssen das bald verstehen und eigene Lösungen für Online Handel überlegen. Das Geschäftsmodell muss sich langfristig an die Konkurrenz anpassen.

Lässt dieses Szenario Datenschützer nicht aufschreien? Haben die Menschen Angst, komplett gläsern zu werden?

Jánszky: Menschen treffen immer, wenn auch unterbewusst, eine Nutzen- / Risikoabwegung. Wenn der Nutzen, ein kostenloses Konto zu haben und Dinge, die man ohnehin braucht, praktisch, bequem und zudem automatisiert, vor die Türe gestellt zu bekommen, größer ist, als das Risiko, dass der Händler weiß, wie viel man für seine Miete bezahlt, wird der Mensch das akzeptieren. Es wird natürlich immer Kunden geben, die Angst davor haben und keine Daten bekanntgeben wollen. Mit denen wird man kein Geschäft machen und diese werden dadurch mehr zahlen müssen als andere. Bargeld wird premium!

Wenn mich eine KI besser als jeder Mensch kennt und beraten kann, brauche ich dann überhaupt noch einen persönlichen Berater in der Bank?

Jánszky: Es gibt zwei Mehrwerte, die Berater noch haben und die haben nichts mit Wissen zu tun. Derzeit ist das noch ihre Existenzberechtigung. Wenn eine KI jedoch über mehr Wissen verfügt, und das tut sie, ist der Berater redundant. Welche Rolle nimmt er also in Zukunft ein?
Wenn Kunden Finanzratschläge von einer KI bekommen und auch wissen, dass diese gute Entscheidungen treffen, gibt es immer noch Hemmungen, konkrete Entscheidungen zu treffen. Diese Entscheidung kann ein Bankberater für die Kunden übernehmen. Er wird dadurch zum Coach und Begleiter. Ähnlich wie ein Fitnesstrainer. Dieser motiviert seine Kunden auch zu bestimmten Schritten, oder trifft Entscheidungen für sie, welches Programm das beste für sie ist.
Zusätzlich zahlt der Berater auf das, wie wir es in der Zukunftsforschung nennen, Identitätsmanagement ein. Ich bin beispielsweise Marathonläufer und treffe mich mit meinem Berater nur, weil er auch einer ist, wir uns viel darüber unterhalten und nebenbei wird eben über die Finanzen gesprochen. Das heißt aber auch, dass der Berater der Zukunft gut zum Kunden zuordbar sein muss, um eine dauerhafte Bindung mit seinem Kunden einzugehen.

Was versteht man unter ...

... RoboAdvisory

Mit einem intelligenten Robo-Advisor werden alle Aufgaben eines traditionellen Finanzberaters digitalisiert und automatisiert. Robo-Advisory ist ein Vermögensverwaltungsservice, der mithilfe mathematischer Algorithmen die Investitionsentscheidungen des Kunden unterstützt. Dabei übernimmt der Algorithmus die Erstellung, Überwachung sowie Anpassung des Portfolios.

... InterBot Communication

Dabei handelt es sich um die Kommunikation zwischen zwei intelligenten Systemen. So soll es Inter-Bot-Communication ermöglichen, gemeinsam Probleme zu lösen. Sie können sich austauschen, gegenseitig helfen und letztlich das Ergebnis für den Kunden optimieren.

... Fraud Detection

Intelligente Algorithmen scannen innerhalb der bestehenden Infrastruktur von Banken Millionen von Transaktionen nach Mustern = (versuchten) Betrugsfällen. Dabei lernen die Systeme aus den Verhalten der Nutzer und können so sehr schnell Unregelmäßigkeiten identifizieren - in Echtzeit.

Auszüge aus der 2b AHEAD Trendanalyse "Die Zukunft des Bankings"

Janszky

ZUR PERSON - SVEN GÁBOR JÁNSZKY

Jánsky ist Zukunftsforscher und Chairman des größten, unabhängigen Zukunftsforschungsinstituts Europas, „2b AHEAD ThinkTank“. Auf seine Einladung treffen sich seit 18 Jahren alljährlich 300 CEOs und Innovationschefs der deutschen Wirtschaft. Die Studien und Trendanalysen seines Instituts zu den Lebens-, Arbeits- und Konsumwelten der Zukunft und seine Strategieempfehlungen zu Geschäftsmodellen der Zukunft bilden die Basis für die Zukunftsstrategien vieler Unternehmen. Seine Trendbücher „2030 – Wie viel Mensch verträgt die Zukunft?“,  „2025 – So arbeiten wir in der Zukunft“ und „2020 – So leben wir in der Zukunft" prägen die Zukunftsstrategien verschiedener Branchen. 
Sven Gábor Jánszky lebt mit seiner Frau und drei Kindern in einem kleinen Dorf zwischen Berlin und Leipzig. Er war Vize-Jugend-Mannschafts-DDR-Meister im Schach 1988. Er bestieg vier Mal den Kilimandscharo und lief in New York seinen 19. Marathon.

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