Meinhard Lukas im Interview
Meinhard Lukas, Rektor der Johannes Kepler Universität Linz im Interview über seine Zukunftsvision für den Wirtschafts- und Forschungsstandort Oberösterreich, den neuen Med Campus und warum die Vernetzung von Maschinenbau und Medizin große Chancen bietet.
UNTER IHRER FÜHRUNG WURDEN UNZÄHLIGE ZUKUNFTSWEISENDE PROJEKTE FÜR DEN UNIVERSITÄTSSTANDORT UMGESETZT, ETWA DIE GRÜNDUNGEN DES LIT UND DER MEDIZINISCHEN FAKULTÄT. WIE SIEHT IHRE VISION FÜR DIE JKU IN 10 JAHREN AUS?
Das Ziel ist, die JKU weit über die Grenzen Österreichs zu etablieren. Wir orientieren uns dabei an einem bedingungslosen Qualitätsanspruch in Lehre und Forschung. Es braucht mehr denn je eine Vernetzung unterschiedlicher Wissenschaftszweige - das LIT oder die Medizinische Fakultät bieten alle Voraussetzungen dafür. Ich hoffe, dass Interdisziplinarität und Internationalität in 10 Jahren weiterhin gelebte Eckpfeiler sind und unsere Forscherinnen und Forscher in Zukunftsbereichen wie Künstlicher Intelligenz und Medical Engineering in der Champions League mitspielen und wir gleichzeitig nicht vergessen, auch die Auswirkungen des technologischen Fortschritts auf den Alltag und das soziale Gefüge mitzudenken. Die JKU soll auch in 10 Jahren die Zukunft prägen und Technik hervorbringen, die dem Menschen dient.
AUF WELCHE BEREICHE SOLLTE IHRER MEINUNG NACH DIE FORSCHUNG IN OBERÖSTERREICH KÜNFTIG DEN FOKUS LEGEN UND WARUM?
Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz oder Quantencomputer sind Bereiche, in denen sich die USA und China wie auch die größten Konzerne einen Wettlauf liefern. In beiden Bereichen spielt das kleine Österreich, und hier auch die JKU, in besonderem Ausmaß mit. Sei es eines der ersten AI-Studien Europas, sei es die Forschungsarbeit des KI-Pioniers Sepp Hochreiter oder Wittgenstein-Preisträgers Gerhard Widmer. Aber auch alternative Energien und neue Technologien im Kampf gegen den Klimawandel – die JKU forscht und arbeitet hier mit großem Erfolg. Das sind Bereiche, in denen sich OÖ engagieren muss. Das ist keine Frage des Geldes, sondern des Erhalts unseres Wohlstands und – im Bereich des Klimas – des Überlebens. Wir müssen es auch besser schaffen, diese starke Grundlagenforschung in tatsächliche Produkte und Anwendungen zu transferieren.
OBERÖSTERREICH HAT DAS AMBITIONIERTE ZIEL, ALS WIRTSCHAFTSSTANDORT ZUR EUROPÄISCHEN "CHAMPIONS LEAUGE" AUFZUSCHLIESSEN. AN WELCHEN STELLSCHRAUBEN MUSS DAZU AUS IHRER SICHT GEDREHT WERDEN
Oberösterreich hat in den vergangenen Jahren als Forschungsstandort stark an Relevanz zugelegt. Die Erfolge aller oö. Hochschulen haben viel dazu beigetragen, dass die neue Technische Universität nach Oberösterreich kommt. Aber gemessen am industriellen und kreativen Potenzial bin ich überzeugt, dass noch viel mehr möglich ist, vor allem wenn wir mit mehr Konsequenz hinter den Dingen sind. Zum Beispiel bezüglich der Internationalisierung des Standorts – da gibt es viel Luft nach oben. Außerdem müssen wir für die besten Köpfe attraktiv sein und mehr Spitzenforscherinnen und -forscher zu uns holen. Die neue TU kann dafür eine Trägerrakete sein.
EIN WESENTLICHER MEILENSTEIN IN DIESEM JAHR WAR DIE ERÖFFNUNG DES MED-CAMPUS IN LINZ NACH DREIEINHALB JAHREN BAUZEIT. WAS MACHT DIE AUSBILDUNG VON JUNGEN ÄRZTINNEN UND ÄRZTEN IN LINZ ZU EINEM ABSOLUTEN VORZEIGEMODELL?
Die Medizinische Fakultät ist, was das Potenzial betrifft, ein Leuchtturmprojekt. Sie ist nicht organisch gewachsen, sie wurde von Grund auf geplant und umgesetzt. In ihr wurden unsere Visionen von Anfang an mitgedacht. Das trägt bereits jetzt erste Früchte. Unsere Studierenden finden am Medizinischen Campus auf 12.500 m2 eine perfekte Infrastruktur vor und sie lernen in einem österreichweit einzigartigen modernen Curriculum mit organzentrierten Modulen. Zudem profitieren sie durch die enge Vernetzung zwischen den verschiedenen Bereichen der JKU, sodass unglaubliche Synergien entstehen. Chemie, Maschinenbau, Informatik, Künstliche Intelligenz und Humanmedizin: Das alles gehört zusammen. Der JKU medSpace ist ein perfektes Beispiel dafür: Die angehenden Ärztinnen und Ärzte nutzen dort die ,Virtuelle Anatomie'. Das heißt sie können in Lehrveranstaltungen "echte" Patienten-Daten bearbeiten - dargestellt in einer nie dagewesenen Qualität in 8K, in Stereografik und in Echtzeit navigierbar.