Wie attraktiv ist Österreich

Wie attraktiv ist Österreich als Wirtschaftsstandort?

Seit Jahren kommt Österreich bei der Wettbewerbsfähigkeit nicht voran. Dabei mangelt es nicht am Reformbedarf.

 

Der Wirtschaftsstandort Österreich befindet sich seit Jahren im internationalen Mittelmaß, geht es nach der Untersuchung "Deloitte Radar 2023"."Österreich kommt nicht wirklich vom Fleck. Seit Jahren gibt es eine Seitwärtsbewegung", fasst Deloitte-Österreich-Chef Harald Breit die Ergebnisse der Analyse der wichtigsten internationalen Wirtschaftsrankings zusammen. Damit liege Österreich zwar im guten Mittelfeld der Industrienationen und im europäischen Vergleich regelmäßig um den 10. Platz. Im wichtigsten globalen Ranking des IMD, dem World Competitiveness Index, belegt die Alpenrepublik 2022 im globalen Vergleich Rang 20 und im direkten Vergleich der europäischen Länder Rang 11. "Besonders muss uns zu denken geben, dass nicht die Bigplayer vorne zu finden sind, sondern Länder, die von der Größe und Volkswirtschaft her durchaus mit Österreich vergleichbar sind, wie die Schweiz, Schweden und Dänemark", so Breit. Trotz Bemühungen und hoher Ziele schaffe es Österreich aber nicht, vorne mitzumischen.

Die Wirtschaftspolitik sollte sich "mit diesem soliden Mittelmaß" nicht zufriedengeben, sondern sich die Latte viel höher legen und eine Top-5-Platzierung anstreben, mahnt der Deloitte-Österreich-Chef. Dafür gibt es großen Handlungsbedarf:

 

Handlungsbedarf beim Arbeitsmarkt

Vor allem der anhaltende Arbeitskräftemangel gepaart mit der anrollenden Pensionierungswelle bringt Herausforderungen mit sich, denen sich der Wirtschaftsstandort stellen müsse. Das bestätigt die Umfrage unter 185 heimischen Top-Führungskräften, die für die Untersuchung gemacht wurde. 41 Prozent der Befragten rechnen mit einer negativen Entwicklung des Arbeitsmarktes. Es gebe schon jetzt kaum eine Branche, die vom Arbeitskräftemangel verschont sei, berichtet Elisa Aichinger von Deloitte Österreich. Mehr als zwei Drittel beurteilen die Verfügbarkeit von Fachkräften negativ ("Genügend" oder "Nicht genügend"), lediglich 8 Prozent sehen keine größeren Probleme. Ähnlich sieht es bei der Beurteilung der generellen Verfügbarkeit von Arbeitskräften aus: 57 Prozent vergeben ein "Genügend" oder "Nicht genügend", 36 Prozent ein "Befriedigend" und nur 8 Prozent ein "Gut" oder "Sehr gut". "Es fehlt in Österreich an Ambition, das Problem des Personalmangels strukturell zu lösen. Das ist gefährlich, denn der Arbeitskräftemangel wird uns noch lange begleiten", so Breit.

 

Handlungsbedarf bei Digitalisierung, Bürokratie und Steuern

Doch nicht nur am Arbeitsmarkt herrscht Handlungsbedarf, auch bei der Digitalisierung und beim Standortfaktor Staat und Unternehmen wird Österreich schlechter wahrgenommen als im Vorjahr. Lediglich ein knappes Viertel der befragten Führungskräfte vergibt für das Wirtschaftswachstum ein "Sehr gut" oder "Gut", im Vorjahr war es noch fast die Hälfte. Die überbordende Bürokratie gilt weiterhin als Hemmschuh, nur 6 Prozent vergeben ein "Sehr Gut" oder "Gut". Dagegen brennt die hohe Einkommensbesteuerung vielen bereits unter den Nägeln -59 Prozent der Unternehmen stellen dafür ein "Genügend" oder "Nicht genügend" aus. Österreich sei ein Hochsteuerland, streicht Deloitte-Partner Herbert Kovar hervor. Mit derart hohen Arbeitskosten werde man Arbeitskräfte aus anderen Ländern nicht anziehen können. Die Abschaffung der sogenannten kalten Progression, also der schleichenden Steuererhöhung durch nicht angepasste Steuertarife an die höheren Einkommen, sei aber ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gewesen. Neun von zehn Führungskräften fordern weitere Entlastungen wie eine Senkung der Lohnnebenkosten und weitere Steuersenkungen auf Einkommen.

 

Dennoch: Positive Stimmung beim Management

Trotz der zahlreichen Widrigkeiten hat sich die Stimmung in der Wirtschaft im Vergleich zum vergangenen Herbst verbessert. 70 Prozent der Führungskräfte würden aktuell eine positive Stimmung im Management wahrnehmen, im Herbst 2022 seien es noch 42 Prozent gewesen, als die befürchteten Auswirkungen des Ukraine-Kriegs wie steigende Energie-und Rohstoffkosten auf die Stimmung gedrückt haben. Inzwischen seien zumindest die Großhandelspreise wieder gesunken "und der befürchtete wirtschaftliche Einbruch ist vorerst zumindest ausgeblieben", resümiert Breit.

 

Autor: Christian Lovrinovic, Raiffeisenzeitung, www.raiffeisenzeitung.at