Taxonomie – Verordnung
Bedeutung
Es ist eindeutig: Für immer mehr Menschen spielt Nachhaltigkeit bei den eigenen Finanzen eine große Rolle. Beispielsweise wurde trotz Pandemie 2020 erneut ein Rekordvolumen an grünen Anleihen emittiert. Diese Entwicklung wird von der EU forciert, um ein klimaneutrales Europa bis 2050 zu erreichen. Gelingen soll dies auch mithilfe des EU-Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums, dessen Hauptziel es ist, ein nachhaltiges und integratives Wirtschaftswachstum zu schaffen. Das ist zu erreichen, wenn ein Großteil der Kapitalflüsse auf nachhaltige Investitionen umgelenkt wird. Um hier einheitliche und faire Rahmenbedingungen zu schaffen und Greenwashing zu vermeiden, hat die Europäische Kommission ein EU-weites Klassifikationssystem geschaffen, das bei nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten Transparenz fördern soll: Es ist dies die sogenannte Taxonomie-Verordnung, die das Herzstück des EU-Aktionsplans bildet.
Das Ziel dieser Verordnung ist es, erstens festzustellen, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit umweltverträglich ist, und zweitens den Grad der Umweltverträglichkeit einer Investition zu bewerten. Eine Investition ist dann ökologisch nachhaltig, wenn diese einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der sechs definierten Umweltziele leistet. Zusätzlich darf auch keine erhebliche Beeinträchtigung eines dieser Umweltziele eintreten („Do No Significant Harm Principle“). Die eben genannten Umweltziele sind:
- Klimaschutz
- Anpassung an den Klimawandel
- Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
- Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme
Darüber hinaus müssen internationale Mindeststandards bei sozialen und arbeitsrechtlichen Aspekten eingehalten werden, um als „ökologisch nachhaltig“ gemäß Taxonomie-Verordnung zu gelten.
Diese Verordnung betrifft nicht nur Finanzinstitute, sondern gilt für Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen. Genauer gesagt, richtet sie sich an die EU-Mitgliedsstaaten, an alle Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte anbieten, sowie an Unternehmen, die nach dem „Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz“ zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind.
Der EU-Aktionsplan und die Taxonomie-Verordnung gehen noch weiter: Auch für Unternehmen, die noch nicht direkt den Verordnungen unterliegen, sind die Auswirkungen indirekt spürbar. Denn alle Kapitalgeber werden in Zukunft dazu verpflichtet sein, genaue Angaben zur Nachhaltigkeit ihrer Investitionen zu tätigen. Dies führt dazu, dass die Bereitstellung entsprechender Informationen und die die Einhaltung ökologischer und sozialer Standards zunehmend Einfluss auf Investitionsentscheidungen von Banken und Investoren haben werden.
Die Taxonomie-Verordnung trat grundsätzlich im Juli 2020 in Kraft, wird jedoch anhand von delegierten Rechtsakten weiter im Detail ausgearbeitet. Vorgesehen ist eine gestaffelte Anwendbarkeit: Die ersten beiden Ziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ gelten bereits ab Jänner 2022. Die Geltung der anderen Ziele tritt erst mit Jänner 2023 ein.
Zusammenfassend gilt, dass Finanzmarktteilnehmer in Zukunft angeben müssen, welche Teile ihrer Finanzprodukte und Investments taxonomie-konform sind und in welcher Form sie zur Erreichung der sechs Umweltziele beitragen. Und für Unternehmen bedeutet es, dass sie zukünftig in ihrer nichtfinanziellen Berichtserstattung offenlegen müssen, welche ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten als nachhaltig klassifizierbar sind.
Dieser rechtliche Rahmen der Taxonomie-Verordnung soll die Faktoren Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (ESG) in den Mittelpunkt der Kapitalmärkte und des Finanzsystems stellen. Damit will die EU alle Stakeholder im europäischen Wirtschaftsmarkt – und somit die gesamte europäische Wirtschaft – direkt oder indirekt in einer nachhaltigen Richtung lenken.